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Magersucht (Anorexie)

von DoctorBox |
begutachtet von Dr. med. Juliane Bitsch |
Frau mit Anorexie (Magersucht) probiert eine zu große Jeans vor dem Spiegel an. Das Bild vermittelt das Konzept von Gewichtsverlust, Anorexie, Fett- oder Kalorienverbrennung und medizinischer Krankheit.
ICD-Code: F50.0

Magersucht, auch unter dem Namen Anorexie bekannt, ist eine schwerwiegende Störung des Essverhaltens. Sie ist gekennzeichnet durch ein absichtlich herbeigeführtes Untergewicht, vorwiegend über eine Beschränkung der Nahrungsaufnahme. Der Gewichtsverlust kann hierbei so weit gehen, dass sich gefährliche gesundheitliche Folgen einstellen. Erfahren Sie hier mehr über die Symptome, die Folgen und die Behandlungsmöglichkeiten dieser Essstörung.  

Das passiert bei Magersucht 

Magersucht, in der Medizin auch als Anorexie bzw. Anorexia nervosa bezeichnet, ist eine schwere Essstörung, die zu den psychischen Krankheiten gezählt wird.  

Diese Erkrankung zeigt sich bei Frauen ungefähr 10-mal häufiger als bei Männern. Vor dem achten Lebensjahr kommt die Magersucht noch selten vor, doch ab dem 10. Lebensjahr nimmt die Häufigkeit mehr und mehr zu. Am häufigsten leiden jungen Frauen zwischen 16 und 18 Jahren unter Anorexie, doch auch ältere Frauen können von der Essstörung betroffen sein.   

Die Fachbezeichnung „Anorexia nervosa“ stammt aus dem Griechisch-Lateinischen und lässt sich übersetzen mit „nervlich bedingte Appetitlosigkeit“. Die betroffenen Personen schränken die tägliche Nahrungsaufnahme drastisch ein und nehmen infolgedessen immer weiter ab. Sie hungern sich auf ein deutliches Untergewicht herunter und obwohl sie bereits auffallend schwach und dünn sind, sehen sie sich selbst noch immer als dick und unförmig an.  

Viele magersüchtige Patientinnen und Patienten haben anfangs noch einen normalen, manchmal sogar großen Appetit. Im Unterernährungszustand gerät das körpereigene hormonelle System jedoch aus dem Gleichgewicht und das Hungergefühl kann oft ausgeblendet werden. Nicht allen Betroffenen gelingt das jedoch, sodass manche Anorexie-Erkrankte immer wieder Heißhungerattacken erleben.
Zusammen mit der Bulimie (Ess-Brech-Sucht) und der Binge-Eating-Störung (Esssucht) gehört die Magersucht zu den Essstörungen. Hierbei handelt es sich um Verhaltensstörungen, die sich um das Essen drehen und die oft schwerwiegende gesundheitliche und psychische Konsequenzen nach sich ziehen. Essstörungen dominieren die Emotionen, die Beziehungen sowie die Gedanken der betroffenen Personen und beherrschen somit irgendwann das ganze Leben.  

Das auffälligste Symptom der Magersucht, das Außenstehende wahrnehmen können, ist der massive Körpergewichtsverlust der Betroffenen. Letztendlich ist das aber nur das sichtbare Anzeichen einer tiefgreifenden seelischen Erkrankung. Um diese Störung zu heilen, reicht es definitiv nicht aus, einfach nur wieder mit dem Essen zu beginnen.
Diese massive Störung des Essverhaltens hat ernsthafte physische und psychische Folgen. In nicht wenigen Fällen führt die Magersucht sogar zum Tod.   

Im ICD-10, dem internationalen Krankheitsverzeichnis, findet sich die Anorexia nervosa im Kapitel „Psychische und Verhaltensstörungen/Essstörungen“ unter den Nummern F50.0-F50.1. 

Nährwerte überprüfen – Sind Sie ausreichend versorgt?
Im Rahmen einer Anorexie kommt es oft zu Nährstoffmangel. Häufig ist etwa ein Vitamin D Mangel. Mit den DoctorBox Heimtests können Sie eine Reihe an Werten überprüfen, unter anderem Vitamin D, Hämoglobin und Langzeitblutzucker.

Symptome 

Die Krankheit Magersucht beginnt, lange bevor sie außenstehende Personen wahrnehmen. Die ersten auftretenden Symptome sind vor allem psychischer Natur, das heißt, es geht um die eigenen Emotionen und Gedanken, die nur die Betroffenen selbst wahrnehmen:   

  • Die eigenen Gedanken kreisen permanent um die Themen „Ernährung“ und „Abnehmen“. 

  • Die Erkrankten haben große Angst vor dem Zunehmen.  

  • Das seelische Befinden der Betroffenen hängt stark von ihrem Körpergewicht ab. Bereits geringe Gewichtszunahmen können zu einer psychischen Krise führen, sogar bis hin zur Depression.  

Das Umfeld der Betroffenen wird im Allgemeinen erst dann auf die Magersucht aufmerksam, wenn es bereits zu offenkundigen körperlichen Veränderungen gekommen ist bzw. wenn die Erkrankten durch ihr gestörtes Ernährungsverhalten auffällig werden. 

In den meisten Fällen versuchen die an Magersucht erkrankten Personen ihr gestörtes Essverhalten und ihr Untergewicht vor anderen Mitmenschen zu verbergen. Sie möchten verhindern, dass Familienmitglieder, Freunde oder Bekannte auf die Essstörung aufmerksam werden. Dementsprechend isolieren sie sich oftmals sozial und ziehen sich aus ihrem gewohnten Umfeld zurück. Insbesondere versuchen sie Zusammenkünfte zu vermeiden, bei denen normalerweise in Gesellschaft gegessen wird, so zum Beispiel Feste und Feiern.  

Die anhaltende Mangelernährung führt aber auch zur Beeinträchtigung vieler körperlicher Funktionen. Bei der Anorexia nervosa zeigen sich noch folgende weitere Symptome und Beschwerden:  

Stetiger Körpergewichtsverlust  

Der massive Gewichtsverlust ist das auffälligste Symptom der Anorexia nervosa. 
Die Erkrankten vermeiden den Verzehr kalorienreicher Nahrungsmittel und setzen sich ausführlich mit Zutatenlisten und Nährwertangaben auseinander. In manchen Fällen schränken die erkrankten Personen ihre Mahlzeiten so drastisch ein, dass sie – zumindest zeitweise – nur noch trinken und überhaupt keine feste Nahrung mehr aufnehmen. 
Neben einer Beschränkung der Nahrungsaufnahme ergreifen viele Betroffene weitere Maßnahmen, um ihr Gewicht zu reduzieren.  Manche versuchen, das Körpergewicht durch exzessives Sporttraining stetig weiter zu senken oder nehmen Appetitzügler ein. Wiederum andere greifen zu Entwässerungsmitteln (Diuretika) oder Abführmitteln (Laxativa), um noch mehr an Gewicht zu verlieren – oder sie führen selbst Erbrechen herbei.  

Der stetige Wunsch nach einem immer größeren Gewichtsverlust und die permanente Körpergewichtskontrolle dominieren irgendwann die gesamte Denkweise und den Lebensalltag der Betroffenen. Eine Gewichtsstagnation oder gar eine Körpergewichtszunahme werden als herber Rückschlag gewertet. Daraufhin intensivieren die erkrankten Personen ihre Abnehm-Ambitionen nur noch mehr.   

Untergewicht 

Menschen, die an Anorexie leiden, verlieren im Schnitt 40-50 % ihres ursprünglichen Körpergewichts. Der Body-Mass-Index, kurz BMI, ist eine Maßanzahl, mit der das Verhältnis von Körpergröße und Körpergewicht berechnet wird. 
Unter Experten wird ein BMI-Wert, der unter 18,5 liegt, für erwachsene Frauen und Männer als Untergewicht und somit als Hinweis auf eine Magersucht-Erkrankung angesehen. Ein optimaler BMI-Wert sollte zwischen 18,5 und 24,9 liegen: In einem solchen Fall ist die betreffende Person normalgewichtig. 

Bei Kindern und Jugendlichen kann der Body-Mass-Index-Wert nicht mit der normalen Formel ermittelt werden und aus diesem Grund sind für sie andere Grenzwerte definiert worden.

Lebensbedrohliches Untergewicht (Kachexie)  

Der Begriff Kachexie, der sich aus der griechischen Sprache ableitet, bezeichnet einen ausgeprägten pathologischen Gewichtsverlust. 
Ist es zu diesem lebensbedrohlichen Untergewicht gekommen, sind die körpereigenen Fettreserven weitestgehend aufgebraucht. Zudem sind auch bereits größere Muskelmasseanteile abgebaut worden. In diesem Zustand ist der Körper extrem geschwächt: Es besteht Lebensgefahr.   

Eine Kachexie ist von außen wahrnehmbar, denn vor allem die Knochenkonturen des Körpers treten sichtbar hervor. Die Augen sind tief in die Augenhöhle (Orbita) eingefallen und die Wangen wirken hohl. In den meisten Fällen versuchen die betroffenen Personen noch immer, diese typischen Magersucht-Anzeichen vor anderen zu verheimlichen. Sie tragen mehrere Lagen an Kleidung und versuchen somit, den hageren Körper zu verhüllen.  

Verzerrtes Körperbild  

Die erkrankten Personen nehmen den eigenen Körper nur sehr verzerrt wahr. Trotz des deutlichen Untergewichts halten sie sich noch immer für zu dick. Dieses Phänomen bezeichnen Fachexperten als Körperschema-Störung. Für Außenstehende ist ein solches Verhalten absolut nicht nachvollziehbar, doch weder Beteuerungen noch objektive Körpergewichtsmaße wie zum Beispiel der BMI-Wert können die Betroffenen von ihrem eindeutigen Untergewicht überzeugen. Die Körperschema-Störung ist ein schwerwiegendes und ernstes Problem, das nur dann erfolgreich überwunden werden kann, wenn die Betroffenen professionelle therapeutische Unterstützung in Anspruch nehmen. 

Ständige Auseinandersetzung mit dem eigenen Körpergewicht 

Ein klassisches Anorexie-Symptom ist die ununterbrochene Beschäftigung mit dem eigenen Gewicht und der eigenen Ernährungsweise. Die Magersüchtigen haben panische Angst davor, zuzunehmen und irgendwann übergewichtig sein zu können. 
Das heißt jedoch nicht, dass die Betroffenen zwangsläufig den Appetit verlieren. Vielmehr kreist ihr gesamtes Denken um das Thema „Ernährung und Diät“. Magersüchtige Personen beschäftigen sich nicht selten gerne mit Kochbüchern und Kochrezepten. Manche lieben es sogar, für andere Familienmitglieder oder Freunde zu kochen, wollen allerdings selbst nicht mitessen. 

Stetige Überwachung der Ernährung  

Magersüchtige wissen genau, welches Nahrungsmittel wie viele Kalorien enthält. Sie achten auch genauestens darauf, wie viel Energie sie ihrem Körper pro Tag zuführen. Diese Essstörung ist letztendlich ein verzweifelter Versuch der Betroffenen, die Kontrolle über sich selbst zu behalten.
Wenn es den Betroffenen gelingt, Hungergefühle auszuhalten oder zu überwinden, verbuchen sie das für sich als großen Erfolg. 
Essen wird irgendwann zu einer echten Qual, denn es bedeutet für die Betroffenen ein Kontrollverlust und der führt zu einem sehr schlechten Gewissen.  

Hungern als täglicher Normalzustand   

Für die betroffenen Personen ist kein Körpergewicht zu niedrig. Sie hungern stetig weiter und versuchen die tägliche Nahrungsaufnahme mehr und mehr zu reduzieren. Hunger wird zum Normalzustand und ein Sättigungsempfinden wird als immer unangenehmerer empfunden.  

Übermäßig starke Leistungsorientiertheit  

Magersüchtige Personen sind häufig sehr intelligent und äußerst leistungsorientiert. Sie versuchen möglichst viele Aufgaben zu erledigen und das so perfekt wie nur möglich. In der Schule, in der Universität, im Beruf oder beim Sport zeigen sie einen besonderen Ehrgeiz. Gleichzeitig ziehen sich viele aber mehr und mehr vom sozialen Leben zurück. Diese selbst gewollte Isolation ist ein sehr ernst zu nehmendes Alarmsignal für eine Anorexie-Erkrankung.   

Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen  

In sehr vielen Fällen leiden magersüchtige Personen unter starken Stimmungsschwankungen sowie depressiven Verstimmungen. 
Solche Symptome sind eine häufige Folge der Mangelernährung sowie des stetig vorhandenen inneren Drucks, das Körpergewicht weiter zu senken. Oftmals treten zusammen mit der Magersucht weitere psychische Störungen auf, so zum Beispiel Depressionen, Suchterkrankungen, Angststörungen, Zwänge oder Persönlichkeitsstörungen.  

Somatische Anorexie-Symptome  

Die Magersucht ist eine schwere Krankheit, die den gesamten Körper massiv schädigt. Aufgrund der ständigen Mangelernährung reduziert der Organismus seinen täglichen Energieverbrauch auf ein absolutes Minimum und hiervon sind alle Körperorgansysteme betroffen. 
So kommt es bei einer Magersucht auch zu folgenden körperlichen Symptomen:  

  • Herzrhythmusstörungen (Arrhythmie) 

  • verlangsamter Herzschlag (Bradykardie) 

  • niedriger Blutdruck (Hypotonie)  

  • übermäßiges Frieren bis hin zur Unterkühlung (Hypothermie) 

  • Verstopfung (Obstipation) 

  • starke Verminderung an weißen sowie an roten Blutkörperchen und Blutplättchen 

  • Haarausfall  

  • Hauttrockenheit 

  • Flaumartige Körperbehaarung (Lanugo-Behaarung) anstatt einer normalen Körperbehaarung 

  • Amenorrhö (Ausbleiben der Regelblutung) und Unfruchtbarkeit  

  • Bei männlichen Betroffenen: Potenzprobleme  

  • Libidoverlust  

  • Störung des körpereigenen Vitamin- und Elektrolythaushalts 

  • Osteoporose (abnehmende Knochenmasse)  

  • Nierenfunktionsstörungen  

  • Leberfunktionsstörungen  

  • Bei Kindern und Jugendlichen kann es zu körperlichen Entwicklungsverzögerungen kommen. 

  • Konzentrationsprobleme 

  • Allmählicher Verlust der Hirnsubstanz (Hirnatrophie). 

Störungen im Hormonhaushalt   

Das starke Untergewicht kann bei Mädchen und jungen Frauen zu einem Aussetzen der Menstruationsblutung sowie zu einem Verlust des sexuellen Verlangens führen. Die Anorexie beeinträchtigt den körpereigenen Hormonhaushalt nämlich massiv. 
Infolge der starken Mangelernährung kann der Körper bestimmte hormonelle Botenstoffe nicht mehr in einer ausreichenden Menge bilden und das wirkt sich beispielsweise negativ auf den weiblichen Menstruationszyklus aus.   

Eine magersüchtige Frau wäre körperlich gar nicht in der Lage, ein Baby auszutragen. Damit es auch gar nicht erst dazu kommt, verhindert der Körper durch einen Mangel an Sexualhormonen eine Schwangerschaft.
Nicht nur Frauen leiden jedoch unter den hormonellen Störungen, sondern auch betroffene Jungen oder Männer: Sie leiden oft einem Libidoverlust und Potenzproblemen.   

Verlauf  

Je früher Essstörungen erkannt und behandelt werden, desto größer sind auch die Chancen, die Krankheit erfolgreich zu überwinden. 
Ein entscheidender Faktor für den Krankheitsverlauf ist das soziale Umfeld, insbesondere die Familie! In einigen Fällen kann eine Anorexia nervosa nicht geheilt werden. 
Ungefähr drei Viertel der betroffenen Patientinnen und Patienten schaffen es, die Essstörung auszuheilen, jedoch erst nach einem mehrjährigen Krankheitsverlauf. Viele Erkrankte erleiden hingegen Rückfälle. Bei einigen Betroffenen geht die Anorexie auch in eine andere Essstörung über, beispielsweise in eine Ess-Brech-Sucht (Bulimie).  

Rund 10 % aller Magersucht-Erkrankungen haben bedauerlicherweise trotz therapeutischer Bemühungen einen tödlichen Verlauf. Die Krankheit schädigt den Körper massiv und demzufolge kommt es zu extremen Mangelerscheinungen. Einige Betroffene begehen auch Selbstmord.   

Anorexie-Prävention und Rückfallvermeidung 

Bislang gibt es kein gezieltes Verfahren, um eine Anorexia nervosa vorzubeugen. Mütter und Väter sollten in ihrer Erziehung darauf achten, das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein der Kinder positiv zu beeinflussen. Es ist sehr wichtig, Kindern ein sicheres Umfeld zu bieten und keine übersteigerten Erwartungen an sie heranzutragen. 
Darüber hinaus ist es sehr wichtig, Bemerkungen zu Körpergewichtsveränderungen so zu kommunizieren, dass die kindliche seelische Gesundheit nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Ebenso sollte es zu keiner Fixierung auf das äußere Erscheinungsbild kommen.  

Langfristige Familien- und Psychotherapien können einen Rückfall in die Magersucht vermeiden.  

Ursachen und Risikofaktoren  

Eine Magersucht-Erkrankung kann niemals nur auf eine einzige Ursache zurückgeführt werden. Vielmehr kommt es zu dieser Essstörung durch ein Zusammenspiel unterschiedlicher Einflüsse. 
So können folgende Risikofaktoren eine Magersucht begünstigen:   

  • Erbanlage 

  • geringes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl 

  • Probleme, alterstypische Veränderungen erfolgreich zu bewältigen, so etwa seelische und körperliche Veränderungen in der Pubertät. 

  • beeinträchtigte Kontrolle der eigenen Gefühle. 

  • Unsicherer Umgang mit anderen Menschen (unsichere Bindungsmuster) 

  • Beeinträchtigungen des Belohnungssystems im Gehirn 

  • Ausgeprägte Probleme mit der Verdauung im Säuglings- und Kleinkindalter. 

  • Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale wie etwa zwanghaftes Verhalten oder eine starke Ängstlichkeit  

  • Sportarten, die mit bestimmten äußerlichen Idealen verbunden sind wie etwa Tanz oder Gymnastik. 

  • Häufige Konfrontation mit Schlankheitsidealen, so beispielsweise durch soziale Medien, Influencer und Models. 

In den meisten Fällen beginnt eine Anorexie in der Pubertät. In dieser Lebensphase verändert sich der Körper von Mädchen und Jungen sehr stark. Die Heranwachsenden sind konfrontiert mit vielen neuen Gefühlen, was sie häufig verunsichert und ihnen Angst macht. Viele Jugendliche fühlen sich angesichts dieser großen Veränderungen überfordert. Wie dann letztendlich mit dieser Überforderung umgegangen wird, hängt maßgeblich von der individuellen Persönlichkeit ab und ebenso von den psychischen Gegebenheiten. Jeder Mensch hat im Laufe seiner bisherigen Entwicklung bestimmte Konfliktlösungs- und Emotionsbewältigungsstrategien erlernt, beispielsweise von den Eltern. Diese helfen dann auch mit solchen Veränderungen richtig umzugehen, wie sie die Pubertät beispielsweise mit sich bringt.   

Eine mögliche Erklärung für die Entstehung einer Magersucht-Erkrankung bei Heranwachsenden kann demnach sein, dass die Betroffenen eine solche Gefühlskontrolle und Problembewältigung (noch) nicht erlernt haben. Sie können Schwierigkeiten, Emotionen oder Veränderungen gar nicht auf eine gesunde Art begegnen, sondern sehen nur das permanente Hungern als einzige Möglichkeit, um zumindest für eine kurze Zeit für mehre innere Stabilität zu sorgen. Die Kontrolle über den eigenen Körper und das Gewicht kann den Betroffenen ein Gefühl der Stärke und auch der Sicherheit geben.
Darüber hinaus lenkt die starke Fixierung auf die tägliche Ernährung von anderen Alltagsschwierigkeiten ab. Indem sich die Betroffenen gedanklich auf Themen wie Körpergewicht, Essen, Nährwerte und Diätkonzepte fokussieren, blenden sie anderen (problematische) Themen vollkommen aus.  

Es variiert von einem Betroffenen zum nächsten, welche psychischen Vorgänge hinter der Anorexie stecken. Es ist unter anderem die Aufgabe der therapeutischen Behandlung, diese Vorgänge zu ergründen.  

Eine immer noch weit verbreitete Vorstellung, dass die Entstehung einer Anorexie auf familiäre Probleme zurückzuführen sei, konnte wissenschaftlich allerdings nicht bestätigt werden. 

Therapie der Anorexia nervosa 

Wenn es zu einer Magersucht-Erkrankung kommt, ist ein individuelles Schönheitsideal vollkommen aus der Kontrolle geraten. Diese Essstörung ist eine schwere psychische Erkrankung, die sehr ernst genommen werden muss. Magersucht kann eine lebensbedrohliche Krankheit sein, die immer einer professionellen Therapie bedarf.  

In der Therapie werden vor allem vier wichtige Ziele verfolgt:

1. Das Körpergewicht der betroffenen Person muss wieder normalisiert werden.  

2. Es muss wieder ein normales und geregeltes Essverhalten hergestellt werden.  

3. Die Betroffenen müssen wieder zu einer normalen Körperwahrnehmung gelangen.  

4. Individuelle oder familiäre Probleme müssen aufgearbeitet und adäquat behandelt werden.   

Eine Anorexie-Erkrankung ist sowohl mit körperlichen wie auch mit seelischen Symptomen verbunden. Aus diesem Grund braucht es eine ganzheitliche Behandlung mit einem multiprofessionellen Team. Zu einem solchen Therapieteam gehören Ärztinnen und Ärzte, aber ebenso Diätassistenten, Psychologinnen und Psychologen sowie gegebenenfalls noch weitere Spezialisten.   

Klinische Therapie der Magersucht  

Eine Magersucht kann ambulant, teilstationär oder auch stationär behandelt werden. In den meisten Fällen ist aber eine stationäre Magersucht-Therapie in einer spezialisierten Klinik erforderlich. Das gilt insbesondere für Patientinnen und Patienten mit einem Gewicht von weniger als 75 % des Normalgewichts. Auch im Fall einer lebensbedrohlichen körperlichen Verfassung der Betroffenen oder bei Suizidgefahr ist eine stationäre Therapie unvermeidbar. Es geht nicht vordergründig nur darum, das Körpergewicht der Betroffenen zu erhöhen, sondern vor allem darum, langfristig eine Verhaltensänderung zu bewirken. 

Normalisierung des Körpergewichts  

Im Allgemeinen wird zu Therapiebeginn ein individuelles Zielkörpergewicht definiert. Für eine erfolgreich verlaufende Therapie sollten die Betroffenen ihr Gewicht pro Woche um 500 bis 1000 Gramm erhöhen. Darüber hinaus wird ein Behandlungsplan erarbeitet, der exakt auf die individuellen Bedürfnisse der erkrankten Person abgestimmt ist. Ein äußerst bedeutender Therapiebaustein ist dabei die Kontrolle des erreichen Körpergewichts. Brechen die Betroffenen frühzeitig die Behandlung ab und verlassen die Klinik, noch bevor sie ein gesundes Körpergewicht erreicht haben, so haben sie laut Studien eine höhere Rückfallgefahr.  

Durch das starke Untergewicht kann es auch zu einem deutlichen Elektrolytmangel kommen, so zum Beispiel zu einem ausgeprägten Natrium- und Kaliummangel. Im schlimmsten Fall müssen Maßnahmen wie eine künstliche Zwangsernährung ergriffen werden, um den Organismus und seine körperinternen Vorgänge wieder zu stabilisieren und die Betroffenen letztlich am Leben zu erhalten.  

Erlernen normaler Ernährungsgewohnheiten   

Magersüchtige Personen müssen wieder normale Ernährungsgewohnheiten erlernen und etablieren. Aus diesem Grund sind individuelle Ernährungspläne, Ernährungsberatungssitzungen sowie Kochkurse in zahlreichen Kliniken ein fester Behandlungsbaustein. 
Um die Betroffenen wieder zu einem gesunden Essverhalten zu motivieren, arbeiten Spezialisten auch mithilfe der operanten Konditionierung. Hier geht es darum, das erwünschte Verhalten – in dem Fall die gesunde Nahrungsaufnahme – zu belohnen und die Nichteinhaltung erwünschter Verhaltensweisen zu bestrafen. Eine solche Belohnung oder Bestrafung kann beispielsweise eine Besuchserlaubnis bzw. ein Besuchsverbot sein.   

Psychotherapie bei Anorexie – das Kernelement der Therapie  

Eine psychotherapeutische Behandlung – zum Beispiel in Form einer sogenannten kognitiven Verhaltenstherapie – ist im Fall einer Anorexie essenziell wichtig. In den meisten Fällen ist eine komplette Ausheilung der Essstörung nur mithilfe therapeutischer Unterstützung möglich. Dabei erlernen die Betroffenen, ihren eigenen Körper anzunehmen und werden schrittweise von den Experten an ein normales und geregeltes Essverhalten herangeführt. Nur so kann ein Ausweg aus der Magersucht gelingen. 
Häufig wird ein sogenannter Therapie-Vertrag ausgestaltet, in dem klare Therapieziele definiert werden, so beispielsweise eine wöchentliche Körpergewichtszunahme von mindestens 500 Gramm. Zur Behandlung der Körperschema-Störung kann Konfrontationstherapie (z.B. mittels Spiegel oder Video) eingesetzt werden. 

Medikamentöse Behandlung nur bei vorhandenen Begleiterkrankungen  

Zusätzlich zur psychotherapeutischen Behandlung können auch Gruppentherapien zum Einsatz kommen. Vor allem bei Kindern und Heranwachsenden ist es sehr wichtig, die Angehörigen miteinzubeziehen, zum Beispiel in Form einer Familientherapie. 
Medikamente, so genannte Psychopharmaka, werden in der Regel zur Behandlung einer Anorexie nicht eingesetzt, es sei denn, es liegen psychische Begleiterkrankungen wie zum Beispiel eine Depression vor. 

Die Behandlungsdauer hängt immer vom individuellen Therapieerfolg ab und dieser variiert von einem Betroffenen zum nächsten.  

Was Sie selbst tun können 

Wenn die tägliche Ernährung und das eigene Körpergewicht zu einem Stimmungsbarometer werden, wenn ein gestörtes Essverhalten einfach nicht abgestellt werden kann und wenn ein selbstbestimmtes Leben nicht mehr möglich ist, dann ist das ein großes Alarmzeichen! 
In einem solchen Fall darf keine weitere Sekunde Zeit mehr verloren werden. Es ist wichtig, schrittweise Veränderungen zu schaffen:  

  • Ehrlichkeit zu sich selbst ist das A und O! Aus diesem Grund ist es wichtig, Essprobleme nicht zu verharmlosen. Wenn es den Betroffenen gelingt, sich selbst einzugestehen, dass sie Hilfestellung brauchen, ist das der erste wichtige Schritt in die richtige Richtung. 

  • Machen Sie Schluss mit Selbstvorwürfen, denn das bringt Sie keinen Schritt weiter. Niemand trägt die Schuld an dieser Erkrankung, doch es liegt nun in Ihrer Hand, einen Weg aus der Krankheit herauszufinden.  

  • Überleben Sie einmal, welche negativen Faktoren Ihr Essproblem beeinflussen können und warum es sich für Sie auszahlt, die Essstörung aufzugeben. Es lohnt sich definitiv, etwas an Ihrem Leben zu verändern: Schreiben Sie Ihre Gründe auf und visualisieren Sie diese dadurch! 

  • Treffen Sie für sich selbst eine Entscheidung, in Zukunft gesund und glücklich leben zu wollen, ganz ohne Essstörung! Das ist der wichtigste Schritt in eine gesunde Zukunft. Ihr Wille zählt!  

  • Vereinbaren Sie einen Untersuchungstermin bei Ihrer behandelnden Hausärztin oder Ihrem Hausarzt. Sprechen Sie mit den Medizinern über Ihre Ernährungsprobleme und lassen Sie möglicherweise bereits vorliegende gesundheitliche Beeinträchtigungen genau abklären.   

  • Suchen Sie den Austausch mit anderen Betroffenen und nehmen Sie hierfür Kontakt mit einer Ernährungsberatungsstelle auf. Dort bekommen Sie gezielte Unterstützung, um Ihr Essproblem erfolgreich unter Kontrolle zu bekommen. Beratungen für Essstörungen sind oftmals kostenlos und auf Wunsch auch anonym. Jugendliche können sich auch ohne elterliche Begleitung dorthin wenden.